Affen

Menschen und Tiere

Dietmar Dath schreibt, das „Menschen aus anderen Menschen zusammengesetzt sind“. Damit wird sowohl die absolute Abhängigkeit von der jeweiligen Gesellschaft und ihren Techniken umschrieben, als auch die beständige Spekulation über das Begehren in den Augen der Anderen. Die so vollständig soziale Formierung und Orientierung der Menschen kann von uns selbst nicht vollständig ausgemessen werden. Die daran beteiligten Netzwerke der Macht, die einen selbstverständlich erscheinenden Alltag erzeugen, sind zu mannigfaltig für eine präzise Bestandsaufnahme. Die scheinbar grenzenlose Anpassungsfähigkeit der Menschen, die eine Besiedlung von Permafrostböden, Regenwäldern und Slums gleichermaßen ermöglicht, darf jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sie zuerst Tiere sind.

Das Affen und Menschen gemeinsame Vorfahren haben, ist bei näherer anatomischer Betrachtung offensichtlich und wird zumindest in Europa eher selten bestritten. Im weltweiten Zusammenhang stößt die Feststellung, dass die Menschen hypersoziale Säugetiere sind, deren Unterschied zu den anderen Arten in erster Linie im Gebrauch von Symbolen besteht, der Phänomene wie Sprache, Erinnerung, Synchronisierung, Innovation und Schrift hervorbringt, allerdings auf breiten und zumeist religiösen Widerstand. Die Einordnung der Menschen in einen naturgeschichtlichen Zusammenhang erscheint als Bedrohung des göttlich gewollten Unterschieds zwischen Menschen und Tieren. Dabei zögern auch überzeugte Evolutionisten in der Regel nicht, dem menschlichen Leben einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem anderer Tiere. Anstatt der göttlichen Herkunft der Menschen wird die Vernunft als unterscheidendes Kriterium herangezogen. Der Effekt bleibt gleich: Für den Umgang mit anderen Menschen gibt es viele Regeln, für den Umgang mit anderen Tieren gibt es wenige. Für die bedenkenlos Getöteten ist die Begründung nicht von Bedeutung.

Literatur

Dath, Dietmar 2008. Die Abschaffung der Arten. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

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